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Die Geschichte der (und meiner) Bienen

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Bahnfahren hat viele Vorteile, unter anderem bieten sie gerade im Urlaub viel Zeit zum Lesen und Bilden.

Gerade hatte ich auf der Rückreise von Italien nach Hause die letzten Seiten des Bestseller-Romans „Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde verschlungen. Nachdem ich kurz vor meinem Urlaub ganz unerwartet 60% meiner erst im August erworbenen sechs Bienenvölker verloren hatte, berührte mich dieses Buch ganz besonders.

Weder der erfahrende Imker, der mich als vollkommenen Neuling bei allen Maßnahmen und Handgriffen begleitet, noch ich selbst können einen eindeutigen Grund für das Verschwinden bzw. Schrumpfen der Völker benennen. Auch er selbst musste in den vergangenen Jahren schon erhebliche Verluste hinnehmen. An der Varroamilbe kann es eigentlich nicht liegen, weil wir die Bienen dagegen mit Ameisensäure behandelt hatten.

In „Die Geschichte der Bienen“ wird ein düsteres Bild unserer Zukunft gezeichnet. Der Klimawandel schreitet rasch voran, der Menschheit gelingt es nicht, die CO2-Emissionen und den Temperaturanstieg rechtzeitig zu begrenzen. Die Lebensmittelversorgung bricht zusammen, teils wegen des veränderten Klimas und teils wegen des Bienensterbens. Die Bienen verschwinden wegen einer Vielzahl von Gründen: ausgedehnte Monokulturen und Gifteinsatz in der Landwirtschaft, extremere Wetterlagen mit zu warmen und nassen Wintern bzw. zu trockenen Sommern, und vieles mehr. Ohne Bestäubung der Pflanzen durch die Bienen kann weder ausreichend Futter für die Tierhaltung noch genügend Obst und Gemüse für die Menschen produziert werden. Die Wirtschaft kollabiert, die Städte sind nicht mehr versorgbar. Am Beispiel von Peking wird geschildert, wie Städte zu fast menschenleeren und gesetzlosen Räumen werden, weil die Bevölkerung größtenteils aufs Land umgesiedelt wurde, damit sie dort in der Landwirtschaft bzw. der manuellen Bestäubung von Obstbäumen tätig sind.

Ganz am Ende des Buches werden kurz die Wege angerissen, mit denen diese Entwicklung hätte verhindert werden können. Insbesondere eine naturnahe Bio-Landwirtschaft gehören dazu. Mischkulturen mit unterschiedlichen Blühphasen verschaffen nicht nur den Bienen ganzjährig die nötige Nahrung, sie reduzieren bzw. vermeiden auch die Notwendigkeit des Einsatzes von Giften.   

Unmittelbar zuvor, während der Bahnfahrten und in den Wanderpausen in den wunderschönen Cinque Terre, las ich das Sachbuch „Die Humus-Revolution“ von Stefan Schwarzer und Ute Steub, welches aus einer anderen Perspektive ähnliche Sachverhalte beleuchtet. Biologische Landwirtschaft, die nicht auf Kunstdünger und Gifte, sondern auf Humusaufbau und Diversität setzt, ist nach Einschätzung von Fachleuten in der Lage, den Klimawandel zu stoppen. Humus ist im Prinzip nichts anderes als  im Boden gebundenes Kohlendioxid, also CO2. Energieintensiv erzeugter Stickstoff, die wichtigste Komponente von Kunstdünger, hingegen trägt gleich in zweifacher Weise zum Klimawandel bei, zunächst mit den Produktionsemissionen, und nach Aufbringung auf den Acker durch teilweise Umwandlung in Lachgas, welches eine vielfach höhere Treibhauswirkung hat als CO2.

Wenn ich früher ab und zu mal Bio-Produkte gekauft habe, wollte ich mir mit gesünderen Lebensmitteln persönlich etwas Gutes tun. Nachdem ich verstanden habe, dass es bei wirklich biologischen Anbaumethoden vor allem um einen anderen Umgang mit dem Boden und Wasser sowie um Klimaschutz und Diversität geht, hat es für mich einen ganz anderen Wert bekommen. Seitdem kaufe ich keine konventionell erzeugten Lebensmittel mehr. Wenn man dann noch als Konsument auf Regionalität und Saisonalität achtet, entfallen auch die hohen Energieaufwände für Transport, Lagerung und Kühlung. Einkauf beim Erzeuger vermeidet darüber hinaus auch Verpackungsmüll. Und jedes im eigenen Garten ohne Einsatz von Kunstdünger und Gift produzierte Gemüse, Obst oder Hühnerei ist quasi vollkommen schadfrei für Umwelt und Klima. Bei gleichzeitiger Reduktion des Fleischkonsums gebe ich heute viel weniger Geld für gleichzeitig bessere Lebensmittel aus als früher. In diesem Sinne besteht mein größter Vorsatz fürs neue Jahr darin, den eigenen Garten noch stärker nach den Regeln der Permakultur zu bewirtschaften und so den Humusgehalt genauso wie die Erträge zu steigern.

  1. Michael Schramek Michael Schramek

    Hallo Lukas,
    ja, es ist sehr wichtig, den Bienen ganzjährig Blüten anzubieten. Und gerade solche Steingewächse bieten sehr viel und guten Nektar. In den letzten 30 Jahren sind durch Flurbereinigungen und immer größere Monokulturen so viele Bereiche verloren gegangen, in denen die Bienen über die gesamte Vegetationsperiode hinweg genügend Nahrung finden. In Monokulturen blühen alle Pflanzen gleichzeitig in einem kurzen Zeitfenster, davor und danach finden sie gar nichts.
    Gruß
    Michael

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