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Konzerngerechtes versus nachhaltiges Produktdesign (Batterie vs. Wasserstoff vs. synthetische Kraftstoffe)

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Beim Lehren lernt der Dozent selbst am meisten. So geht es mir gerade bei den sechstätigen Seminaren zum betrieblichen Mobilitätsmanagement, die ich gemeinsam mit dem Geschäftsführer der B.A.U.M. Consult GmbH aus Hamm an insgesamt sechs verschiedenen IHKen gebe. In diesen Seminaren bestreite ich die Tage 3 bis 5, dabei werden zunächst alle aktuell sowie zukünftig verfügbaren Fahrzeugkategorien und Mobilitätsangebote einschließlich der verschiedenen Antriebskonzepte durchgesprochen, bevor dann Strategien für die wesentlichen Handlungsfelder des BMM, als Mobilität auf dem täglichen Arbeitsweg, Fuhrpark und Dienstreisen erarbeitet werden.

Dabei wollen die Teilnehmer wie in jedem Vortrag zur Elektromobilität immer auch wissen, ob denn das batterieelektrische Fahrzeug alternativlos sei, oder ob nicht Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe viel besser seien.

In der Diskussion sind wir uns meistens schnell einig. Für die Produktion von Wasserstoff benötigt man doppelt so viel Primärenergie (sprich Strom), für synthetische Kraftstoffe sogar sechs Mal so viel, als wenn man damit direkt ein batterieelektrisches Fahrzeug antreiben würde. Da wir in den nächsten 20 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht im Stromüberschusszeitalter leben, wird es nicht möglich sein, so viel Strom zu erzeugen, wir zur Produktion von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen in relevanten Mengen nötig ist. Und selbst wenn: dann sollte der Wasserstoff im Nutzfahrzeugbereich verwendet werden, wo die Batterie wegen des hohen Fahrzeuggewichts und teils sehr weiten Strecken meist nicht das geeignete Konzept darstellt. Überhaupt werden 70% des Diesels in diesem Segment verbrannt.

Nach Abwägen der Für und Wider konnten wir in den Seminaren immer herausarbeiten, wie das perfekte System mindestens für die Bewohner der meisten Ein- und Zweifamilienhäuser aussieht: Photovoltaik auf dem eigenen Dach, stationärer Akku im Keller, Wallbox in der Garage, hohe Eigenverbrauchsquote beim Betrieb des Hauses und des Autos mit dem eigenen Strom. So wie mir das auch selbst in den nächsten Wochen der regionale Netzbetreiber installieren wird. Immerhin 50% aller Deutschen leben in solchen Häusern und könnten mehrheitlich Ihre Mobilität so betreiben, nachdem sich PV-Anlagen mittlerweile auf den meisten Dach- und Wandflächen rentabel betrieben werden können und keine perfekte Südausrichtung mehr benötigen.  

Wenn das in den Seminaren und Vorträgen jedes Mal so schnell klargestellt werden kann, stellt sich die Frage, warum sich dieses Verständnis nicht auch bei den Automobilherstellern durchsetzt. Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass es hier nur um knallharte Konzerninteressen und nicht um Nachhaltigkeit geht. Mit dem teilautarken Modell des Eigenheimbesitzers können die Konzerne nur noch beim einmaligen Verkauf der Fahrzeuge und lokalen Energieerzeugung verdienen, danach sind sie raus. Wasserstoff und noch stärker synthetische Kraftstoffe müssen dauerhaft zugekauft werden, so wie heute Benzin und Diesel. Aus den gleichen Gründen wie früher beim nicht realisierten 3-Liter-Auto hat die Industrie kein Interesse an echter Nachhaltigkeit, weil sich damit kein Geld verdienen lässt.

Jetzt könnte man meinen, dass VW dabei mit seiner Elektrifizierungsstrategie eine rühmliche Ausnahme darstellt. Leider gefehlt. Zwar setzt der Wolfsburger Konzern konsequenter auf den batterieelektrischen Weg als andere. Doch will man auch hier die Wertschöpfungstiefe vergrößern, indem man mit der eigens gegründeten Stromtochter Elli (Electricity for your Life) nicht nur den Strom fürs Auto, sondern gleich für den gesamten Haushalt liefert (sonst müsste die Firma ja Elca heißen, Electricity for your Car).

Wenn es VW ernst mit der Nachhaltigkeit wäre, würden sie die Fahrzeuge so bauen, dass sie bidirektional laden könnten. Dann ließe sich der große Akku des Autos nutzen, um damit bei Nacht  die Stromversorgung des eigenen Hauses sicherzustellen. Vielleicht mit dem Strom, der tagsüber direkt vom Solardach des Arbeitgeberparkplatzes ins Auto geladen wurde. Weil daran nach der einmaligen Installation aber kein Konzern mehr Geld verdienen kann, bekommen wir auch aus Wolfsburg keine bidirektional ladefähigen Fahrzeuge.

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